Verblasste Spuren

Obermayer German Jewish History Award 2015 

Felix Freilich - Ein Violinenvirtuose aus Altenburg

FelixFreilich 2Heute, am 28. Februar 2020, wäre Felix Freilich 100 Jahre alt geworden. Der Violinenvirtuose hat in seiner Geburtsstadt Altenburg so einiges erlebt. Er wurde als „Wunderkind“ gefeiert, wurde gefördert und behütet, gleichzeitig aber auch ausgegrenzt, gedemütigt und vertrieben. 66 Jahre nachdem er Altenburg verließ, feierte er einen großen Moment der Genugtuung.

Felix Freilich wurde am 28. Februar 1920 als zweites Kind des Ehepaars Bernhard und Sophie Freilich in Altenburg geboren. Er wuchs in einem musikalischen Haushalt auf und erhielt bereits seit Kindertagen Violinenunterricht. Sein erster Lehrmeister war der Händler Simon Mendel Berlinski aus Altenburg. Mit 11 Jahren trat Felix Freilich erstmals öffentlich auf – für den stolzen Vater der Zeitpunkt, ab dem er eine professionelle musikalische Karriere für seinen Sohn verfolgte. Musikdirektor Alfred Weide und Studienrat Arno Schubart nahmen sich des talentierten Musikers an, der bald darauf zum festen Bestandteil des Schulorchesters des damaligen „Reform-Realgymnasiums“ wurde. Freilich wurde stets gefeiert, wenn er öffentlich auftrat.

FelixFreilich 1Am 12. Februar 1933 sollte Felix Freilich in einem Konzert in der Brüderkirche auftreten. Für den jungen Violinisten sollte es die erste außerschulische Konzerterfahrung werden und er fieberte seinem Auftritt entgegen. Doch zu diesem ersehnten Konzert kam es für Felix Freilich nicht: Die Nationalsozialisten hatten starken Druck auf den Kirchenvorstand, den Pfarrer und auch Arno Schubart ausgeübt, dem einzigen jüdischen Künstler des geplanten Konzerts keine Bühne zu bieten. Schließlich nahm man Felix Freilich aus dem Programm – für den musikbegeisterten Felix Freilich sicher eine große Schmach. Schubart und sein Kollege Landmann aber wollten das musikalische Talent Freilichs nicht ungenutzt lassen und unterstützten ihn bei einer Aufnahme am Leipziger Konservatorium. Es verwundert wenig, dass der Violinenvirtuose die Aufnahmeprüfung schaffte. In der Beurteilung seiner Leistung las man u.a.: "Er zeigte sich als hochmusikalische Begabung mit ausgezeichnetem Gehör, stark ausgeprägtem Klangsinn und vorzüglichen manuellen Anlagen. Er berechtigt zu den schönsten Hoffnungen wenn ihm Gelegenheit gegeben würde, diese Anlagen gründlichst ausbilden zu können."  Dennoch standen die Zeichen schlecht für jüdische Studenten und eine Aufnahme blieb ihm verwehrt. Doch ein Professor des Leipziger Konservatoriums, Hans Hilf, gab ihm wöchentlich Unterrichtsstunden.

FelixFreilich 3Gemeinsam mit Schwester Sala trat Felix Freilich in Leipzig mehrfach in Konzerten auf und beide wurden dort als "Wunderkinderpaar" bezeichnet. Zu einem Konzert in Leipzig am 28. Januar 1934 schrieb man: "Das höchste Erstaunen erregte das Spiel der Geschwister Freilich aus Altenburg. Zumal in dem 13-jährigen Geiger wächst ein wirklicher Künstler heran, dessen musikalisches Erleben und dessen Technik schon heute hohe Bewunderung verdient". Eine Zukunft in Deutschland hatte Felix Freilich nicht mehr – weder musikalisch noch allgemein. Die Jüdische Gemeinde und die Familie Freilich ermöglichten ihm schließlich ein Musikstudium in Prag, 1936 verließ er Altenburg. Nachdem sich die Situation auch in Prag zuspitzte, emigrierte Felix Freilich schließlich 1939 nach Palästina. Der Direktor des Jerusalemer Konservatoriums hatte in Prag nach Studenten gesucht und Felix Freilich wurde ausgewählt. Nach seinem zweijährigen Studium ging Freilich zum Militärdienst, den er hauptsächlich als Musiker verbrachte. 1946 wurde er schließlich Mitglied des Jerusalemer Radio-Orchesters "Kol-Jerushalajim". 1951 kam er nach England und emigrierte schließlich in die USA. Er wirkte 45 Jahre im Cleveland Symphony Orchestra. Eine Genugtuung wird es für Felix Freilich 2002 in seiner Geburtsstadt Altenburg gegeben haben: In dem Ort, in dem ihm 1933 ein Auftritt verweigert wurde, spielte er am 20. Mai 2002: Sein Konzert in der Brüderkirche mit dem Altenburger Posaunenchor wurde begeistert aufgenommen. Wenig später verstarb Felix Freilich in Cleveland.

Christian Repkewitz

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