Der am 14. Mai 1878 im schlesischen Bielitz (Bielkso-Biala) geborene Karl Schorr war vielen Theaterfreunden Altenburgs unter einem anderen Namen bekannt. Der Schauspieler und Spielleiter nannte sich auf der Bühne Karl-Friedrich Schorr-Lassen. Doch als Künstler geboren war er nicht. Ursprünglich machte Schorr eine Ingenieurausbildung, bevor es ihn 1902 auf die Bühne zog. Erstmals stand Schorr am 16. Oktober 1902 vor Publikum.
Danach spielte er an verschiedenen Bühnen, so zum Beispiel in Lübeck, Nürnberg oder Stuttgart, bevor er 1916 für sein Heimatland Österreich-Ungarn in den Ersten Weltkrieg zog. Bis zu seiner Entlassung 1919 diente er als Artillerieoffizier. Danach zog es ihn zurück auf die Bühne und sein Weg führte ihn 1920 an die Leipziger Volksbühne und 1922 nach Kiel, bevor er im Jahr 1924 an das Altenburger Landestheater kam. Hier verkörperte er oft Heldenväter oder Chargenrollen. Von 1924 bis 1927 war Karl Schorr zudem Spielleiter für die Schauspielsparte.
Karl Schorr war bei den Altenburgern beliebt und leitete unter anderem auch im Sommer das Kurtheater Eckernförde, dessen Direktor er zeitweise war. Ebenfalls war er Mitglied der Vereinigung der Theaterfreunde. Privat musste Karl Schorr 1929 einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen: Seine 1878 in Wien geborene Ehefrau Gabriele verstarb. Mit ihr hatte der erst in der Nordstraße 2 und später in der Lindenaustraße 4 gelebt.
Nachdem Karl Schorr in der Tochter des ehemaligen Rechnungsrats am Hoftheater Paul Kaiser, der Lehrerin Charlotte Kaiser, ein neues privates Glück fand – beide heirateten 1932 in Altenburg, bedeutete die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 das berufliche Aus für den Schauspieler, der durch das Reichskulturkammergesetz und darauf aufbauende Vorschriften nicht mehr zur Berufsgruppe der Künstler gehörte. Endgültig endete die Theaterlaufbahn Karl Schorrs im Jahr 1935. Dadurch änderte sich die wirtschaftliche Situation des Ehepaars merklich und schließlich mussten die Schorrs zu Charlottes Eltern ziehen, die inzwischen im so genannten Amalienhof in Stünzhain lebten. Auch Charlotte Kaisers Berufsweg wurde nun deutlich schwerer. Sie hatte mit Anfeindungen, Verleumdungen und behördlichem Druck zu kämpfen. 1936 wurde sie schließlich aus dem Schuldienst beurlaubt und im folgenden Jahr gänzlich in den Ruhestand versetzt, was die wirtschaftlichen Nöte des Ehepaars verstärkte.
Doch es sollte noch schlimmer kommen: Am 4. August 1942 wurde Karl Schorr infolge eines Streits mit dem Verwalter des Amalienhofs und einer Denunziation in Haft genommen und am 20. August 1942 in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Die von der Gestapo vermerkte Haftdauer von drei Wochen als so genannter Arbeitserziehungshäftling war für die SS wohl als Mordauftrag zu verstehen, da zu dieser Zeit jüdische Partner einer so genannten Mischehe bereits nicht mehr aus dem Konzentrationslager entlassen wurden, sofern sie sich in einem solchen befanden. Der Häftling Nr. 9207 wurde am 5. September 1942 im Konzentrationslager Buchenwald ermordet. Auch wenn als Todesursache "Herz- und Altersschwäche" gemeldet wurde, ist der wirkliche Todesgrund heute recht gut nachvollziehbar. Karl Schorr starb im Saal X des Häftlingskrankenbaus des Konzentrationslagers Buchenwald. Dort wurden Häftlinge durch Injektionen ermordet. Karl Schorr wurde nur 64 Jahre alt.
Christian Repkewitz
Das Foto Karl Schorrs wurde freundlicherweise vom Thüringischen Landesarchiv, Staatsarchiv Altenburg, zur Verfügung gestellt. Quelle: LATh – StA ABG, Bildersammlung, Nr. 2436-3