1996 hat der damalige Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum nationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus gewählt. Der Shoah-Gedenktag erinnert nicht nur an die Befreiung des Lagers Auschwitz-Birkenau vom 27. Januar 1945, sondern steht symbolisch für das millionenfache Leid von Juden und Anderen während der Zeit der nationalsozialistischen Terrorherrschaft. Seitdem die UNO den Tag im Jahr 2005 zum Holocaust-Gedenktag erklärt hat, wird auf der gesamten Welt am 27. Januar der Shoah-Opfer gedacht.
Meist klingen die Opferzahl oder die verschiedenen Schicksale viel zu abstrakt, um sie tatsächlich verstehen zu können. Vergegenwärtigt man sich aber, dass im eigenen Heimatort ein Teil dieser millionenfachen Opferzahl gelebt hat, dass man vielleicht im selben Haus wohnt wie ein Opfer der Shoah oder dass auch an der Schule im eigenen Ort Kinder wie Anne Frank ein gleiches oder ähnliches Schicksal durchlebten, wird das Leid greifbar. Auch im Altenburger Land gab es zahlreiche Opfer der Shoah. Deshalb soll der heutige Shoah-Gedenktag ganz besonders den jüdischen Opfern aus Altenburg, Schmölln, Meuselwitz oder anderen Städten und Gemeinden des Altenburger Landes gewidmet sein.
Über Jahre hinweg haben jüdische Künstler wie Josefa Back-Freund, Bernhard Salno, Felix Freilich oder Karl Schorr das kulturelle Leben Altenburgs geprägt und – wie im Fall von Josefa Back-Freund – mit der Initiative zur Gründung der Vereinigung der Theaterfreunde noch heute bestehende Unterstützervereine für das Landestheater geschaffen. Im Bergbau des Meuselwitz-Rositzer Braunkohlereviers, in der Zuckerraffination oder der Erdölförderung waren jüdisches Kapital und jüdisches Know-how Grundlage für die Schaffung zahlreicher Arbeitsplätze. Erfolgreiche Kaufleute wie Sally Bucky, Jacob Fruchtmann, Wolf Goldberg, Sally Gottlieb, Selig Hausmann, Arnold Kohn, Albert Levy, Leo Lipinski, Kurt Pick oder Isaak Rotenberg haben den Einzelhandel des Altenburger Landes geprägt oder durch das Feilbieten warmer Mahlzeiten für Bedürftige das soziale Leben Altenburgs bereichert. Dr. Richard Sieskind oder Dr. Arthur Friedmann haben sich um die medizinische Versorgung verdient gemacht, Hans Rosenberg sprach am hiesigen Amtsgericht Recht. Die jüdischen Einwohner des Altenburger Landes haben die Stadt mit geprägt, haben ihren Beitrag zum Zusammenleben geleistet. Spätestens mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten begann deren systematische Entrechtung und Verfolgung, die viele – viel zu viele – mit ihrem Leben bezahlt haben. Nicht nur heute, aber heute ganz besonders, sollten wir ihnen ein ehrendes Gedenken zuteil werden lassen.